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Doch das apathische Verhalten der zudem meist stummen Yvonne wird vom König, der Königin und dem ganzen Hofstaat als peinliche Provokation empfunden. Der Schein der Würde, der Majestät und Überlegenheit muss gewahrt werden, die bestehenden Konventionen müssen erhalten bleiben. Nur ein «Mord von oben» kann den Hof von der unerwünschten Person befreien. Anlässlich eines festlichen Banketts zu Ehren der «Burgunderprinzessin» wird ein grätenreicher Fisch serviert. Wie geplant und erhofft verschluckt sich Yvonne an einer Gräte und erstickt. Betreten verlassen die geladenen Gäste die Tafel. Doch die Formen des höflichen Anstandes müssen gewahrt bleiben. «Man wird an die Trauerfeierlichkeiten denken müssen, ein Beerdigungsinstitut muss gestellt werden.» Der Hof kniet neben der toten Yvonne nieder, denn «das gehört sich so!» Die alte Ordnung ist wieder hergestellt.

Uraufführung 1957 in Warschau, zur Zeit des sogenannten «Tauwetters».

«Yvonne, Prinzessin von Burgund» wird oft als Gesellschaftssatire interpretiert, die in erster Linie das autoritäre Regime in Polen in den dreissiger Jahren kritisieren sollte. Gombrowicz hat sich dagegen verwahrt, das Stück als Attacke gegen die innenpolitischen Verhältnisse seines Heimatlandes aufzufassen. Das Königsdrama, das seine shakespeareschen Züge nicht verleugnet, nimmt Ausdrucksformen des absurden Theaters vorweg. Erst 22 Jahre nach dem kaum beachteten Abdruck in der Zeitschrift «Skatender» kam das Stück auf die Bühne und wurde begeistert aufgenommen.»

Der Autor

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Witold Marian Gombrowicz

Er war der europäischste unter den polnischen Avantgarde-Schriftstellern.

Nach dem Jurastudium und kurzer Tätigkeit an einem Gericht wurde der aus einer Adelsfamilie stammende Witold Gombrowicz Journalist und schrieb regelmässig für den «Kurier Poranny».

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, hielt er sich gerade in Argentinien auf, wo er bis 1963 in sehr bescheidenen Verhältnissen lebte.

Im kommunistischen Polen wurden seine Werke erst nach 1957 herausgebracht, dann allerdings mit grossem Erfolg. Ab 1964 lebte er in Frankreich, wo die meisten seiner Werke zuerst publiziert wurden. 1967 erhielt er den Internationalen Literaturpreis der Verleger. Auch wenn die Dramen neben vier Romanen, Erzählungen, Tagebüchern und Essays nur einen kleinen Teil im Schaffensprozess ausmachen, so trägt sein Gesamtwerk doch unverkennbar theatralische Züge.

ProduktionTheatergruppe Burgdorf           
RegieReto Lang
AssistenzTherese Sauser
Bühnenbild / DramaturgieHeinz Egger
Regieassistenz / Inspizienz Helga Zbinden
Soufflieren / InspizienzSusanne Kummer
Kostüme / MaskenChristina Wenger/Marie-Louise van Laer
Bühne / TechnikPeter Schläfli
Gruppe AusstattungImke Dörfel Zbinden/Barbara Schmutz/Maja Weber/Christina Wenger
GrafikBruno Kohler


Personen und Darstellende

YvonneBéatrice Zbinden
König IgnazErnst Bechstein
Königin MargaretheMarie-Louise van Laer
Prinz PhilippMartin Pfanner
KammerherrChristoph Münger
IsaBarbara Schmutz
CyrillHansruedi Kummer
ZyprianRonny Abegglen
InnozenzRuedi Jäggli
Erste DameMaja Weber
Zweite DameAnnelies Lüscher
Dritte DameChristina Wenger
Vierte DameAnnette Meyer
Fünfte DameImke Dörfel Zbinden

Szenenbilder aus den Aufführungen.

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Medien-Berichte


«DerBund» vom 1. März 2004

Grotesk
Im fiktiven Königreich Burgund beschliesst Prinz Philipp aus einer Laune heraus, das hässliche, verschupfte und apathische Mädchen Yvonne zu heiraten. Der ganze Hofstaat lacht sich krumm; Yvonne jedoch verliebt sich ernsthaft in den attraktiven Königssohn. Die Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit der jungen Frau bewirkt in den Menschen ihrer Umgebung nun langsam seltsame Veränderungen: Sie werden plötzlich mit ihrem Inneren, mit ihrer Seele und mit ihren Träumen konfrontiert. Das macht ihnen derart Angst, das sie sich gezwungen fühlen, Yvonne zu töten. Der polnische Schriftsteller Witold Gombrowicz (1904-1969), einer der Protagonisten des absurden Theaters, benützt diese 1935 geschriebene Fabel, um in grotesker Art und Weise auf die Kontraste zwischen Schein und Sein, zwischen Lüge und Wahrheit hinzuweisen. Das ergibt ein schwieriges, ein doppelbödiges und hinterfotziges Stück, das weder Komödie noch Tragödie oder gar Volksstück ist und das in geradezu bösartiger Direktheit Masken von den Gesichtern reisst.Der von Regisseur Reto Lang in kluger Konzentration auf anderthalb Stunden Spieldauer gekürzte Text irritiert - wer sich vom Theater Realität wünscht, wird enttäuscht; wer klare Botschaften erwartet, muss sich beides aus der vieldeutigen Handlung selbst ableiten.

Zu ihrem 20-jährigen Bestehen hat sich die mutige Theatergruppe Burgdorf mit «Yvonne, die Burgunderprinzessin» von Gombrowicz vor eine für Liebhaberensembles nahezu unlösbare Aufgabe gestellt. Umso bemerkenswerter und respektabler ist das Resultat der von Reto Lang erarbeiteten Inszenierung im Casino-Theater Burgdorf: Da wird konsequent auf billige Effekte verzichtet; da wird auf des Messers Schneide zwischen Wirklichkeit und Ironisierung gespielt; da wird einer Theaterform gedient, der Amateure sonst mit gutem Grund ausweichen. Auf der Bühne sind einige vorzügliche Rollenporträts zu bewundern: Béatrice Zbinden ist als hässliches Entlein Yvonne erschütternd echt, Marie-Louise van Laer als Königin dämonisch-verzweifelt, Ernst Bechstein als König überlegen vorurteilsbefangen, Martin Pfanner ein glaubhaft gelangweilter Prinz. Und auch die übrigen Mitwirkenden halten die geforderte Stimmung recht souverän durch.

(Martin Etter)



«Berner Zeitung BZ» vom 1. März 2004

Ein Fisch als Mordwaffe
Mit «Yvonne, die Burgunderprinzessin» tischt die Theatergruppe Burgdorf ein schwer verdauliches Menü auf.

Eine übermütige Gesellschaft trifft auf ein offenbar geistig beschränktes, hilfloses Mädchen. Ein erbarmungsloses Possenreissen beginnt, dem der Prinz mit einem Heiratsantrag die Krone aufsetzt. Das wüste Spiel nimmt seinen Lauf. Yvonne, die nicht merkt, worum es geht, wird dem Prinzen langsam zu anhänglich. Die Hofgesellschaft, allen voran das Königspaar, möchte der unwürdigen Verbindung ein Ende setzen. Das Mädchen muss verschwinden, man schmiedet Mordpläne. Skrupel mit dem verwirrten Geschöpf scheinen hier so wenig am Platz wie Mitleid. Also inszeniert man ein Festmahl mit einem grätengespickten Fisch, der dem Mädchen denn auch prompt im Halse stecken bleibt und es erwürgt. Nun muss nur noch der Schneider her, damit man in angemessener Kleidung Beerdigung feiern kann, und dann ist die Welt wieder in Ordnung. Dem Publikum lag der Fisch wohl auch schwer auf dem Magen. Als an der Premiere die Lichter im Burgdorfer Casino-Theater das Ende des Stücks verkündeten, herrschte zuerst betretene Stille. Danach wurden die Akteure der Theatergruppe Burgdorf mit wohlverdientem Applaus bedacht, vor allem Martin Pfanner als Wüstling und Prinz und Béatrice Zbinden, die der gedemütigten Yvonne ergreifend Gestalt verlieh. Die von Regisseur Reto Lang ausgewählte und bearbeitete Gesellschaftssatire von Witold Gombrowicz wurde 1957 in Warschau uraufgeführund gilt als frühes Beispiel des absurden Theaters.

(Gertrud Lehmann)


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